Herbsttagung 2015 in Zürich 

Die Herbsttagung 2015 stand unter dem Motto ‚für alle Etwas‘. Mit drei verschiedenen Workshops für unterschiedliche Anspruchsgruppen hatte das Team des Referenzzentrums Zürich versucht, ein breites Spektrum abzudecken. Ein Workshop widmete sich dem Thema Hepatitis C, einer war den Eltern vorbehalten und einer war für Jugendliche und junge Erwachsene.

Zu Beginn der Tagung begrüsste Dr. Brigit Brand die Teilnehmenden und betonte, dass dieser Anlass der erste ist, der durch das Schweiz. Hämophilie-Netzwerk SHN organisiert worden ist. Sie stellte die Aufteilung der Schweiz in die Regionen Ost, Mitte und West dar und erwähnte, dass in der SHN nicht nur Ärzte, Physiotherapeuten und Pflegende Aufnahme finden, sondern ev. auch bald schon Psychologen.

Schweiz. Hämophilie-Register

Ein wichtiges Ziel der SHN ist in nächster Zeit das up-date des Registers. Das Nachführen wurde in den letzten Jahren etwas vernachlässigt. Viele Patienten hätten bereits ihr Einverständnis für den Eintrag ins neue Register erteilt. Das Ziel ist, dass das Register bis Ende 2017 komplettiert ist. Brigit Brand dankt an dieser Stelle der Pharma für die Finanzierung des Registers.

Die Referentin erwähnt, dass die neue Applikation ‚Smart medication‘ von Seiten der Benützer gut beurteilt wird. Die übermittelten Daten gehen direkt über ins Hämophilie-Register. Sie präsentiert in der Folge einen Vergleich der Entwicklung des Faktorverbrauchs in der Schweiz. Er steigt weiter kontinuierlich an. 2011 war er noch bei 5.39 Einheiten pro Kopf der Bevölkerung. 2014 ist er bereits bei 6.85 angelangt. 82 % des in der Schweiz verwendeten Faktors VIII ist künstlich hergestellt, nur noch 18 % ist plasmatischer Natur. 2016 sollten zudem in der Schweiz die ersten Produkte mit einer verlängerten Halbwertszeit auf den Markt kommen. Dies bringe vor allem den Hämophilie B-Patienten grosse Vorteile, weil der Faktor IX bis zu fünfmal länger im Körper verbleibt.

Neuorientierung

Brigit Brand bringt anschliessend eine persönliche Mitteilung an. Sie wird im Frühjahr 2016 ihre Stelle am Unispital Zürich aufgeben und eine neue Herausforderung angehen. Sie war 12 Jahre lang im Unispital tätig und hat dabei sehr enge Patientenbeziehungen aufbauen können. Ihre Nachfolgerin, Dr. Inga Hegemann, konnte mir ihr in den letzten 2 Jahren die Nachfolge aufbauen.

Lino Hostettler, neuer Präsident der SHG, begrüsste in Namen der SHG die Teilnehmenden. Er dankte dem Referenzzentrum Zürich für das Zusammenstellen des Programms dieser Veranstaltung, Jörg Krucker für die Erledigung der administrativen Belange, ebenso den Gastreferenten, den Kinderbetreuerinnen sowie der Pharma für die finanzielle Unterstützung. Er verwies auf das Jubiläumsjahr 2015 mit dem Anlass in Emmetten. Derzeit sei die SHG daran, ein Jubiläumsbuch fertigzustellen, welches in deutscher und französischer Form herausgegeben und ca. 160 Seiten umfassen werde. Als Neuheit im Angebot erwähnte er die SHG-Facebook-Seite, die einem interessierten Kreis zur Verfügung stehe. Als Ausblick auf 2016 machte er die Gäste auf das Sommerlager 2016 vom 6. – 13. August aufmerksam, welches von Dr. Kobelt geleitet werde. Die SHG habe sich zudem für den WFH Kongress 2022 beworben mit dem Standort Genf. In dem Bereich laufe im Moment die Evaluation zwischen 4 Kandidaten.

Ein weiteres neues Angebot ist das Erlebniswochenende für junge Hämophile. Er bittet David Simovic darüber kurz zu berichten.

Erlebniswochenende

David Simovic, 23 Jahre alt und selber Betroffener, möchte mit Tibor Erdös zusammen ein Wochenende für junge Hämophile von 7 – 12 Jahren im Raum Zürich organisieren. Zweck sei es, dass die Kinder ihren Körper besser kennenlernten, im Einklang mit der Natur. Im Umgang mit den Kindern werde ein erlebnispädagogischer Ansatz gewählt. Man verbringe die Tage in freier Natur, erlebe Abenteuer, lerne Fauna und Flora kennen. Die in Frage kommenden Kinder werden über die SHG eingeladen. Er freue sich, wenn das Angebot Anklang finde.

Homöopathie für Hämophile

Wie im Vorjahr präsentierte Clelia Sasselli, Homöopathin mit eigener Praxis in Zürich, die Möglichkeiten für Hämophile, die Begleiterscheinen der chronischen Krankheit mit homöopathischen Mitteln angenehmer zu gestalten. Unter dem Titel ‚vom Zahnen bis zu chronischen Schmerzen‘ erklärte sie in kurzer Form ein paar Grundzüge der Homöopathie. U.a, dass die Homöopathie den Menschen ganzheitlich betrachtet, z.B. nach Aussehen und Gemüt, sowie weitere Merkmale wie Appetit, Aktivität, Schlaf etc. Die Konstitution des Menschen ist permanent mit seiner Umwelt in Verbindung.

Behandlung von Hautausschlägen

Sie stellte dann einen praktischen Fall dar, einen Bub von anderthalb Jahren, welcher schon seit einem Jahr Hautausschläge hatte. Die Behandlung mit Kortison war zuerst erfolgreich, dann seien die Ausschläge wieder aufgetaucht, im Gesicht und an den Beinen. Die Referentin beschrieb detailliert das Gemüt des Jungen. Er sei offen, fröhlich, neugierig. Sie beobachtete anlässlich der Visite sein Verhalten genau. Die charakterlichen Zeichen und Symptome müssten genau erfasst werden und der Symptomreihe der gesuchten Arznei entsprechen, wenn die Heilung erfolgreich sein solle. In die engere Wahl kamen drei Medikament, wobei eines der Persönlichkeit des Jungen am genauesten entsprach: Sulphur. Sulphur enthält Schwefel.

  • Sasselli beschrieb detailliert den Verlauf nach Beginn der Behandlung mit Sulphur. Nach zwei Monaten war der Hautausschlag im Gesicht verschwunden, an den Beinen noch vorhanden. Drei Zähne hatten sich gebildet und werden bald erscheinen, das Kind war stressfrei, zufrieden. Nach vier Monaten war nur noch ein Hautausschlag am linken Bein feststellbar, drei Zähne waren hervorgekommen. Nach fünf Monaten waren die Ausschläge verschwunden. Weitere Zähne entwickelten sich.

Auch Akutbehandlungen möglich

In einem weiteren Fall stellte C. Sasselli die Behandlung von akuten Problemen dar. Bei einem 10 Monate alten Mädchen stellte die Kinderärztin eine eitrige Entzündung im Ohr fest.  Die Eltern wollten an dem Tag zu den Grosseltern fliegen. Nach der Behandlung durch die Homöopathin mit Ottitis Media sah das Ohr des Mädchens am nächsten Tag schon viel besser aus. Am folgenden Tag konnte es mit seinen Eltern die Flugreise ohne Probleme antreten. Es konnte in diesem Fall ganz auf Antibiotikas verzichtet werden.

Zusammenfassend erwähnte Frau Sasselli, dass eine Behandlung mit Homöopathie meist etwas Geduld braucht, dafür sei die Wirkung nachhaltig. Man könne Homöopathie für ein breites Spektrum an Erkrankungen verwenden und sie eignet sich auch als Begleittherapie für chronische Krankheiten.

 

Hepatitis C – neue Therapien

Nach einer Pause fanden sich die Teilnehmer wieder in drei verschiedenen Workshops. Einer war dem Thema ‚aktuelle Hepatitis C-Therapie‘ gewidmet. Hierzu war der Hepatologe Dr. David Semela vom Kantonsspital St. Gallen eingeladen worden.

Dr. Semela leitet das Hepatologie-Zentrum im Kantonsspital St. Gallen. Er dankte für die Einladung zur Herbsttagung und erwähnte gleich zu Beginn, dass mit den neuen Medikamenten, die seit gut einem Jahr verfügbar sind, ein riesiger Fortschritt in der Behandlung von HCV erreicht worden sei. Er machte zuerst einen Rückblick auf das Jahr 1989, wo das Hepatitis C-Virus entdeckt und beschrieben worden war. Die Hepatitis C ist eine stille Epidemie, von der weltweit ca. 185 Mio. Menschen betroffen sind! In der Schweiz seien 45‘100 Betroffene identifiziert, vermutlich noch einmal so viele sind unentdeckt. 2/3 der registrierten HC-Patienten haben sich durch Drogenkonsum angesteckt. Das Verhältnis Männer zu Frauen sie 3:2. Die maximale Morbidität werde voraussichtlich in den Jahren 2025 – 2030 erreicht.

Infektion mit HCV

Dr. Semela zeigte eine Auswertung, die belegt, dass bei 20 – 30 % der Infizierten eine spontane Ausheilung erfolgt. Wenn das Virus nach 6 Monaten noch vorhanden ist, bleibt es in der Regel über Jahrzehnte im Körper nachweisbar. Bei 20 – 30 % entwickelt sich mit der Zeit ein Leberzirrhose. Stress und Alkoholkonsum könnten zu einer zusätzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands führen. Auch genetische Komponenten hätten einen Einfluss.

Vor allem ältere Jahrgänge betroffen

Der Hepatologe präsentierte eine Studie aus den USA, wonach die Jahrgänge 1945 – 1965 fünfmal häufiger von HCV betroffen sind wie die übrige Bevölkerung. In der Schweiz fallen 61 % der Fälle auf die Jahrgänge 1955 – 1974. Der Zustand der Betroffenen wird mit einem sog. Fibrosegrad festgehalten. Die Skala geht von F0 (keine Schädigung der Leber) bis F4 (fortgeschrittenes Stadium).

Die neuen Therapien weisen praktische keine Nebenwirkungen auf und nach spätesten 6 Monaten sind die definitiven Resultate der Therapie vorhanden. Es wurde festgestellt, dass sich eine bereits geschädigte Leber nach einer erfolgreichen Therapie regenerieren kann. Die Heilungsraten der neuen Therapien sind bei 90 – 100 %! In der Regel werden zwei Wirkstoffe miteinander kombiniert.

Mit Applaus wurde das interessante Referat von Dr. Semela verdankt.

Zum Abschluss der Tagung wurde Dr. Brigit Brand gebührend verabschiedet. Von Seiten der SHG wünschen wir Dr. Brigit Brand weiterhin viel Erfolg auf beruflicher Ebene und danken ihr für die langjährige sehr gute und kooperative Zusammenarbeit!